Versicherung Themen-BlogFür die Deckung der Anwartschaften insbesondere bei Personenversicherung haben sich zwei grundlegende Deckungsprinzipien herauskristallisiert.
* Mit dem Kapitaldeckungsverfahren wird in der privaten Versicherungswirtschaft gearbeitet.
Besonders augenfällig wird dieser Unterschied bei der Gegenüberstellung von gesetzlicher und privater Rentenversicherung. Unabhängig vom Deckungsprinzip dienen aber beide zur Absicherung des Alters- z. T. auch des Invaliditätsrisikos. Während aus den Beiträgen der privaten Rentenversicherungen ein Kapital angespart wird, aus dem eine versicherungsmathematisch berechnete Rente gezahlt wird, werden die monatlich eingehenden Beiträge von der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar wieder ausgegeben. Zukünftige Rentner sind darauf angewiesen, dass zukünftige Beitragszahler die späteren Renten dann mit ihren Beiträgen finanzieren werden. Bei steigender Rentnerzahl und sinkender Beitragszahlerzahl ist dies ein unsicheres Prinzip.
Bevor ein Risiko richtig versichert werden kann, muss es erkannt, bewertet und der Umgang mit dem Risiko festgelegt werden. Mit diesem Prozess, welcher als Vorstufe jedem Versicherungsabschluss vorausgehen sollte befasst sich das Risikomanagement. Risikomanagement oder Risk-Management (engl.) ist der gesamtheitliche Umgang mit Risiken. Eine generelle, einfache Definition von Risiko ist Unsicherheit. Die Komponenten eines Risikos sind:
1. Ein Wert (Sache, Person, Prozess, System, Zustand)
Weitere Dimensionen von Risiko sind Eintrittswahrscheinlichkeit und Häufigkeit. Die Versicherungswirtschaft oder der Versicherungsmarkt (als Begriff für alle, welche sich mit versicherbaren Risiken befassen) kümmert sich primär um die durch eine Versicherungsgesellschaft (den Versicherer) versicherbaren Risiken. Nur ein Teil aller Risiken ist durch eine Versicherungsgesellschaft versicherbar. Weitere Risiken sind in anderer Art und Weise absicherbar, wie zum Beispiel das Risiko von sinkenden Aktienkursen durch Optionen (Bsp. Put-Option). Außerdem gibt es die Versicherungswirtschaft konkurrenzierende oder ergänzende Techniken, wie die Securitization, welche den Kapitalmarkt zur finanziellen Absicherung von Risiken anzapft. Viele Risiken sind nicht oder nur teilweise auf andere überwälzbar, wie das Risiko des Unternehmers, dass ein neu lanciertes Produkt am Markt keinen Erfolg hat; könnte man dieses Risiko voll abwälzen, hätte man auch kein Recht auf einen Gewinn. Denn der Gewinn ist der Lohn für eingegangene Risiken.
Welches die richtigen Instrumente, die richtige Methoden im Umgang mit Risiken sind, ist eine Frage, welche das Risikomangement zu beantworten hilft. Vielfach ist die Antwort nicht ein Allerheilmittel, sondern ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen (z.Bsp. Risikohäufigkeit reduzieren, planmäßiger Umgang mit der Situation, wenn sich Risiko verwirklicht, einen Teil der finanziellen Auswirkungen selber tragen, einen Teil versichern). Ein kritischer Schritt im Umgang mit Risiken ist die Erkennung von Risiken, denn mit nicht erkannten Risiken kann auch nicht planmäßig umgegangen werden.
Alfred Manes definiert Versicherung als „die gegenseitige Deckung zufälligen, schätzbaren Geldbedarfs zahlreicher gleichartig bedrohter Wirtschaften“, Karl Hax als „die planmäßige Deckung eines im einzelnen ungewissen, im ganzen aber schätzbaren Geldbedarfs auf der Grundlage eines zwischenwirtschaftlichen Risikoausgleichs“. Eine gesetzliche Definition besteht nicht.
Der Versicherung liegt der Mechanismus der gemeinsamen Tragung von Risiken in einem Kollektiv (Pool, Portefeuille) zu Grunde. Die Vorteile dieser gemeinsamen Tragung werden durch das Gesetz der großen Zahlen beschrieben, welches besagt, dass bei steigender Anzahl von gleichartigen Ereignissen sich der tatsächliche Ausgang dem erwarteten Ausgang (oder dem erwarteten Durchschnitt) anpasst; die Streuung (Variabilität) der Ausgänge um den Durchschnitt nimmt gesetzmäßig, beschrieben durch den Zentralen Grenzwertsatz ab. Demnach gleichen sich das Risiko der Schwankung des Ausgangs um so mehr aus, je größer das Kollektiv ist. Dieser Effekt einer gemeinsamen Tragung von Risiken in einem Kollektiv wird als Risikoausgleich im Kollektiv bezeichnet. Im Ergebnis wird dadurch das Risiko des Pool-Versagens, also dass der Pool nicht genügend Geld hat, alle Schäden zu bezahlen, immer kleiner. Um dem vorzubeugen können Versicherungsvergleiche durchgeführt werden. Ein großer Pool braucht letztlich proportional weniger Kapital als Vorsorge für Verlustfälle, als ein kleiner Pool oder gar ein Individuum für sein eigenes Risiko. Geringeres Kapital bedeutet aber vor allem geringere Finanzierungskosten und damit bewirkt der Risikoausgleich im Kollektiv, dass Risiken für alle Beteiligten günstiger abgesichert werden können, als dies individuell möglich wäre.
Ein Beispiel: Ein Haus hat einen Wert von z. B. € 100.000. Nehmen wir an, die Wahrscheinlichkeit, dass es abbrennt, sei 0,1 % in jedem Jahr. Um sich selbst gegen den Verlust des Hauses zu schützen, müsste der Hausbesitzer ständig € 100.000 als Reserve verfügbar haben. Dieses ständige Bereithalten von Geld bewirkt Finanzierungskosten von z. B. 4 %, also € 1.000 pro Jahr. Damit kostet die individuelle Absicherung des Hauses gegen Brand jedes Jahr € 1.000, selbst wenn das Haus nicht abbrennt (zusätzlich kommt noch der durchschnittliche Verlust aus Bränden in Höhe von € 100 pro Jahr hinzu). Tun sich hingegen 100.000 Hausbesitzer zusammen und sichern sich gemeinsam ab, treten im Kollektiv fast mit Sicherheit Brände auf, durchschnittlich 100 pro Jahr mit Gesamtkosten von € 10.000.000. Dies kostet aber, verteilt auf alle 100.000 Hausbesitzer, den einzelnen nur die € 100 durchschnittliche Brandkosten. Um gegen zufällig viele Brände gewappnet zu sein, muss das Kollektiv zwar noch zusätzlich Kapital bereit stellen, doch beträgt dies bei ausreichender Sicherheit z. B. nur € 10.000.000. Selbst wenn man für dieses Kapital besonders hohe Finanzierungskosten unterstellt, z. B. 20 %, entfallen auf den Einzelnen nur Finanzierungskosten von € 20. Damit würde die Absicherung im Kollektiv jeden Einzelnen nur € 120 kosten, statt (langjährig durchschnittlich) € 1.100 bei individueller Absicherung. Je größer das Kollektiv ist, desto weniger Kapital wird zur Absicherung benötigt und desto mehr nähert sich der Preis der Versicherung dem reinen Erwartungswert des Schadens von € 100 an.
Diese wesentliche Verbilligung der Absicherung gegen Risiken durch Versicherung machte überhaupt erst den für die moderne Wirtschaft wesentlichen Aufbau wertvoller Industrieanlagen und auch den Aufbau privater Werte möglich, deren große Zahl wiederum erst eine effektive Absicherung im Kollektiv ermöglicht. Damit ist die Entwicklung der modernen Industriestaaten untrennbar mit der Entwicklung des Versicherungswesens verbunden.
Zwischen einem reinen Risikoausgleichspool und einem privatwirtschaftlich organisierten, gewinnorientierten Versicherer bestehen aber zwei Unterschiede: 1) Der Versicherer erhebt von den Versicherungsnehmern einen fest vereinbarten Preis, für ggf. höhere Schäden haftet der Versicherer. 2) Der Versicherer bildet Eigenmittel, mit denen er Schwankungen ausgleichen kann, die nicht von den Beiträgen gedeckt sind, und damit können auch in solch ungünstigen Fällen die versprochenen Leistungen erbracht werden.
Damit ist Versicherung die nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip arbeitende wirtschaftliche Absicherung von Risiken gegen Beitragszahlung; sie wird entweder nach dem Assoziationsprinzip als Gegenseitigkeitsversicherung oder nach dem Spekulationsprinzip als Erwerbsversicherung betrieben. Allerdings betreiben auch die Gegenseitigkeitsversicherer heute kaum noch den reinen Risikoausgleichspool (abgesehen von einigen wenigen kleineren Vereinen, meist Tierversicherungen, z. B. Kuhgilden), sondern erheben feste Beiträge nach dem Spekulationsprinzip.
Antike Vorformen der Gegenseitigkeitsversicherung begegnen uns in den ägyptischen, griechischen und römischen Begräbnisvereinen (collegia tenuiorum), die mittels regelmäßiger Beiträge für ein anständiges Begräbnis ihrer Mitglieder und für den Totenkult sorgten. Die bis in die Neuzeit fortwirkende Entwicklung der Gegenseitigkeitsversicherung beginnt jedoch erst im frühen Mittelalter in Nordeuropa mit der auf einem gegenseitigen Treueverhältnis beruhenden und sich zur gemeinsamen Erfüllung religiöser, politischer, wirtschaftlicher und geselliger Zwecke zusammenschließenden Gilden und Genossenschaften, die sich bevorzugt der gemeinschaftlichen Risikoübernahme und Hilfeleistung bei Tod, Brand, Viehsterben, Schiffbruch und Gefangennahme widmeten. Im 17. und 18. Jhdt. entstanden auf staatliche Initiative die ersten öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten.
Die versicherbaren Risiken sind sehr vielfältig, lassen sich aber auf wenige Risikogruppen reduzieren, die allerdings keine exakten Grenzen haben:
* biometrische Risiken, darunter versteht man die das Leben und den Lebensunterhalt betreffenden individuellen Risiken wie Erwerbsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit, Langlebigkeit und vorzeitigen Tod. Sie werden durch Lebensversicherungsprodukte abgedeckt
Die Rechtsordnung trennt das Versicherungsrecht in das immer umfangreicher werdende Sozialversicherungsrecht und das Privatversicherungsrecht, das wiederum Versicherungsunternehmensrecht, Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht umfasst. Das Versicherungsvertragsrecht ist besonderes Schuldvertragsrecht und als solches das den Besonderheiten des Versicherungsvertrages gerecht werdende Sonderprivatrecht.
Die Zweige der Sozialversicherungen können nur eingeschränkt zu den Versicherungen gezählt werden, da es sich nur um umlagefinanzierte (Umlageverfahren) staatlich organisierte Pflichtversicherungen handelt. Zudem werden in der gesetzlichen Rentenversicherung die Beiträge nicht unter den Leistungsberechtigten umgelegt, sondern von einer Generation für die andere erbracht (Generationenvertrag). Sie bildet keine Rückstellungen, sondern finanziert sich aus den laufenden Einnahmen und ist damit nicht demographiefest. Sozialversicherungen werden an dieser Stelle nicht weiter behandelt.
Eine Lotterie ist einer Versicherung in manchen Aspekten sehr ähnlich, nicht zuletzt auch deshalb, weil Versicherungen ursprünglich vielfach Wett- oder Lotteriecharakter hatten. Allerdings dient das Glücksspiel weder der finanziellen Risikovorsorge noch dem kollektiven Ansparen!
Eine besondere Form der Lotterie ist die Tontine, bei der eine Gesamtheit von Anlegern einen Betrag aufbringt, der nach dem Ablauf einer vereinbarten Laufzeit verzinst an die Überlebenden der Gesamtheit ausbezahlt wird. Hier steht die Beitragszahlung nicht unter Risiko. Für die Leistung wird das biometrische Risiko zur Erhöhung der Rendite für die Überlebenden genutzt. Allerdings ist die Tontinenversicherung als Vorläufer unserer heutigen Rentenversicherungen anzusehen.
Die insbesondere in Frankreich üblichen Kapitalisierungsgeschäfte (Sparversicherungen), frz. Contrats de capitalisation sind ebenfalls keine (Lebens-)versicherungen im eigentlichen Sinn, da hier ausschließlich ein Sparvorgang vorliegt.
Es existieren verschiedene Möglichkeiten, um die Vielfalt der Versicherungen systematisch darzustellen. Vier solcher Gruppierungsansätze sind nachfolgend dargestellt:
1. Individual- und Sozialversicherung
* Die Individualversicherung entsteht durch Abschluss eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages, die Sozialversicherung durch Gesetz auf Grund bestimmter Umstände, z. B. durch abhängige Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder andere geschützte Umstände.
2. Personen- und Nichtpersonenversicherungen
* Die Personenversicherung gliedert sich in die Lebens-, die Kranken- und die Unfallversicherung.
3. Schadens- und Summenversicherungen
* Die Schadensversicherung deckt im Schadensfall die konkrete, meist nachzuweisende Höhe des tatsächlich angefallenen Schadens. Eine vereinbarte Versicherungssumme beschreibt bei dieser Versicherungsform lediglich die maximale Versicherungsleistung. Typische Schadensversicherungen sind die Kranken-, die Hausrat-, die Haftpflicht- und die Rückversicherung sowie die Kraftfahrtversicherung.
4. Aktiven- und Passivenversicherungen
Bei den Schadensversicherungen kann man folgende Einteilung vornehmen:
* Aktivenversicherung schützen Sachwerte, die bei einem Unternehmen auf der Aktivseite stehen. Beispiele sind Gebäudeversicherung oder Kaskoversicherung.
* Passivenversicherungen schützen die Haftung gegenüber Dritten, d. h. es wird die Passivseite einer Bilanz geschützt, z. B. durch Produkthaftpflichtversicherung, Kraftfahrtversicherung.
Beide Gruppen unterscheiden sich in der Funktionsweise. Während es bei der Aktivenversicherung das Prinzip der Unterversicherung gibt (der Schaden wird nur im Verhältnis Versicherungssumme zum Wert des beschädigten Gegenstandes aus einem Fonds ersetzt), gilt bei der Passivenversicherung das Prinzip der Erstrisikodeckung, d. h. der Schaden wird immer in voller Höhe bis zum Erreichen der Deckungssumme ersetzt.
Versicherung Günstig ist die planmäßige Deckung, eines im einzelnen ungewissen, insgesamt schätzbaren Geldbedarfs, auf der Grundlage zwischenwirtschaftlichen Risikoausgleichs.
(abgeleitet aus dem Versicherungsbegriff nach Farny: Versicherung ist die Deckung, eines im einzelnen ungewissen, insgesamt schätzbaren Geldbedarfs, auf der Grundlage eines Risikoausgleiches im Kollektiv und in der Zeit.)
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